Mitteilungsblatt der Gemeinde Wenzenbach

AuS der gemeinde Ausgabe 06/2023 Amtliches Mitteilungsblatt Wenzenbach 29 „Guten morgen, Fräulein lehrerin“, so begrüßten früher die Schulkinder, in reih und Glied stehend, ihre lehrerin, ein unverheiratetes Fräulein, denn eine Verehelichung war im Schuldienst zur damaligen zeit nicht möglich. Waren die Sitten damals wirklich so streng? Wie fand denn Unterricht früher statt? Welches Schulmaterial gab es? Wie sahen die Klassenzimmer aus? diese Fragen und noch mehr stellten die Schüler aus den beiden 2. Jahrgangsstufen an der Grundschule Wenzenbach bei ihrem heimat- und Sachunterrichtsthema „Schule früher und heute“. Wo könnte man die antworten darauf besser finden als vor ort, nämlich im Schulmuseum Sulzbach-rosenberg. dort angekommen mussten sich auch unsere Kinder in reih und Glied aufstellen um sich geordnet auf eine zeitreise in das Klassenzimmer aus dem Jahre 1875 zu begeben. doch – stopp! Buben und mädchen nebeneinander – ein ding der Unmöglichkeit! oder gar reden? Strengstens untersagt! Saßen die Schülerinnen und Schüler endlich in ihren Bankreihen, ging der drill weiter: hände auf den Tisch, Füße nebeneinander am Boden, rücken gerade, den Kopf exakt ausgerichtet hinter dem Vordermann bzw. der Vorderfrau und absolute Stille. Wurde auch nur das geringste Flüstern vernommen, schritt sofort unser „Fräulein herbst“ ein und zückte ihren rohrstock. manch einer der Schüler aus der Jetztzeit wollte die angekündigten Strafen testen und schon musste sich ein besonders Geschwätziger in die Ecke stellen, bekam einen Gebetszettel in die hand gedrückt mit der aufforderung, das Gebet auswendig zu lernen. Ein zappelphilipp wurde aufgefordert, seine hosenbeine bis über die Knie hochzukrempeln und sich auf ein spitzes holzscheit zu knien. auf seine ausgestreckten arme legte ihm Fräulein herbst einen rohrstock. Sollte dieser auf den Boden fallen, wurde die Prozedur um weitere 15 minuten verlängert. auch für schwatzhafte mädchen gab es Strafen. Sie mussten sich auf die antrittsstufe knien und ebenfalls die arme nach vorne ausstrecken. Nur durch disziplin konnten in einer einklassigen dorfschule die Jahrgänge 1 bis 7 mit bis zu 70 Schülern auf Vierer-, Sechser- oder achterbänken sitzend, unterrichtet werden. Ein Schüler aus unseren beiden Klassen wollte es genau wissen und störte auch nach ableisten des „holzscheitlkniens“ permanent. alsdann wurde er nach vorne zitiert, ihm wurde eine „Eselskappe“ mit Glöckchen aufgesetzt und er musste auf die rückwärtige Eselsbank. Sollte das Fräulein auch nur ein einziges Glöckchen hören, wurde der ungehorsame Schüler in den Karzer (einer fensterlosen arrestzelle im Keller) verbannt. Noch beeindruckender als die Strafen war die Erzählung, dass die Buben im Winter bereits eine Stunde vor Schulanfang anwesend sein mussten, um den Kachelofen im Klassenzimmer zu schüren. das bedeutete, bei den teilweise bis zu 2stündigen Schulwegen ohne elektrische Beleuchtung, dass sie sich bereits um 5 Uhr morgens auf den Weg zur Schule begeben mussten, in lederhosen, selbstgestrickten Pullovern, Jankern, mützen, Fäustlinge, Socken und mit holzschuhen, auch im tiefsten Winter. Um warme hände zu bekommen, steckte ihnen die mutter zwei heiße Kartoffeln in die Jackentasche, die gleichzeitig später als Pausenbrot dienten…Es gäbe noch Vieles zu berichten, doch so schön die reise in die Vergangenheit auch war, so sind wir doch froh, wieder die annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts genießen zu dürfen. BildEr: SiGrid doST-rEichEl Schule anno dazumal

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