5 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 08/2023 Aus dEr gEmEindE In der Schlacht von Höchstädt (bei Dillingen) 1704 gingen Bayern und Franzosen katastrophal unter. Der geächtete Kurfürst floh nach Belgien, seine Familie wurde für zehn Jahre auseinandergerissen. Baiern wurde kurzerhand der österreichischen Verwaltung unterstellt, die Bevölkerung bis aufs Blut ausgepresst. Während es sich der bairische Kurfürst im fernen Brüssel mit seiner Maitresse gutgehen ließ, wurden in der berüchtigten Sendlinger Mordweihnacht 1705 und beimGemetzel am 8. Januar 1706 im niederbayerischen Aidenbach insgesamt über 5000 Bauern erschlagen. Mit Kriegssteuern, Zwangsrekrutierungen, Folter und Exekutionen herrschten nun die Österreicher; die bairische Landbevölkerung litt bitterste Not, da man ihr oft auch Saatgetreide und Zugvieh weggenommen hatte. Noch dazu führten zwischen 1709 und 1714 langanhaltende Regenfälle zu katastrophalen Missernten. „Kurfürstlicher Bankrotteur“ 1714 wurde der Erbfolgekrieg beendet. Max Emanuel erhielt Bayern zurück und konnte seine Familie wieder vereinen. Der „Kurfürstliche Bankrotteur“ und Kunstliebhaber hinterließ bei seinem Tod 1726 seinen Nachfolgern einen gewaltigen Schuldenberg von 26 Mio. Gulden (bei nur 1,3 Mio. Steuern pro Jahr!) – aber eben auch einzigartige Schlösser (Schleißheim, Jagdschloss Lustheim, Schloss Fürstenried …), barocke Gärten und herrliche Kunstschätze in der Alten Pinakothek! So wechselvoll seine politische Karriere auch war – als Bauherr, Sammler und Mäzen hat er (ähnlich wie Ludwig II.) Unschätzbares zu Bayerns Kulturerbe beigetragen. Aber das ganze 18. Jahrhundert hindurch hatte Bayern mit der von Max Emanuel verursachten enormen Schuldenlast zu kämpfen, die immer wieder an den Rand des Staatsbankrotts führte. Um die leere Staatskasse aufzufüllen, veranlassten kurfürstliche Behörden, dass bisher wenig ergiebige Gründe urbar gemacht und zumVerkauf angeboten wurden. Die „Hohengebrachinger Hayd“ Und damit kommen wir auch zur „Hohengebrachinger Hayd“. Östlich und südöstlich von der Hohengebrachinger Kirche befanden sich ca. 410 ha ödes und unkultiviertes Land, eben die „Hohengebrachinger Hayd“. Das Gebiet, das wahrscheinlich schon zur Römerzeit gerodet worden war, wies Buschwerk, Gesträuch, Graswuchs und etwas Gehölz auf. Der Graf von Lerchenfeld auf Gebelkofen nutzte das Gelände zur Jagd. Die Bauern der Umgebung durften dort mit Genehmigung des Klosters St. Emmeram ihr Vieh unentgeltlich weiden; Einzelplätze übergab das Kloster auch einigen Bauern zur Kultivierung. Das kurfürstliche Pfleggericht Haidau war jedoch der Meinung, bei der Hayd handle es sich um staatliches, kurfürstliches Eigentum. Zur Erläuterung: Ein Pfleggericht ist eine Art Vorläuferinstitution des Landratsamtes. Haidau ist heute eine Einöde mit einem Wohngebäude, es gehört zum Ortsteil Mangolding, Gemeinde Mintraching. Seit der Mitte des 13. Jhd. war es bayerisches Pfleggericht. Der Sitz des Pflegers war eine Wasserburg, die im Dreißigjährigen Krieg größtenteils zerstört wurde. Später finden wir die Pfleger von Haidau, wie sie immer noch heißen, im Schloss zu Pfatter.Unter Missachtung der Eigentumsverhältnisse (denn das Land gehörte dem Kloster St. Emmeram) begann mit dem Mandat vom 30. Juli 1723 die planmäßige Besiedlung der „Hohengebrachinger Hayd“. Seedorf Es begann zunächst mit Seedorf. Bereits Ende November 1723 legte das Gericht Abbach einen Siedlungsplan vor. 300 Tagwerk (also ca. 100 ha) sollten kultiviert werden. Jeder der neun Siedler erhielt für sein Gütel genau 30 Tagwerk; je Tagwerk (3408 qm) waren 1 ½ Gulden zu zahlen (das entsprach zu jener Zeit acht „Dienermahlzeiten“ mit Bier, also so ungefähr nach heutiger Kaufkraft 160 EUR). Der Plan beinhaltete jeweils ein mit Scharschindeln eingedecktes Haus, Stallungen, Stadel, Baumund Wurzgarten, einer „Paint“ (eingezäuntes Grundstück) mit Waschhaus, Backofen, Brunnen und evtl. Weiher.Gerichtsschreiber Fischer, der selbst auch Siedler wurde, schlug als Ortsname „Seedorf“ vor. Der „See“ war ein kleines Weiherl östlich in der Flur „Himmel“ (zwischen Autobahn und Hohenedernberg). Bis vor einigen Jahrzehnten konnte man aber auch den Namen „Obere Heid“ hören.Mit dem Gemeindeedikt von 1818 kam Seedorf zur Gemeinde Poign; seit 1978 gehört das Dorf zur Gemeinde Pentling. Neudorf Um die Errichtung von Neudorf (Haidneudorf) kümmerte sich ab August 1723 das Pfleggericht Haidau. Nach Vermessungen und Berechnungen der haidauerischen Heide beabsichtigte der Pfleger, in der Birkenheide, dem Gelände zwischen Scharmassing, Oberhinkofen, Denacker und Posthof, ein neues Dorf zu errichten. Die Siedler begannen im Sommer 1725 mit dem Bau der Häuser. Hier erhielt jeder Bewerber nur 14 bis 18 Tagwerk, also im Vergleich zu Seedorf nur halb so viel. 1732 hatten sich acht Söldner angesiedelt und 1752 waren es zehn mit verschiedenen Hofgrößen sowie ein Hirthaus. Bei der Vermessung 1752 wurden zwei Drittelhöfe, ein Viertelhof, sieben Achtelhöfe und ein Hirthaus festgestellt. Als ganzer Hof galt gewöhnlich eine Besitzung von 50 bis 60 Tagwerk. Ein Söldner ist ein Kleinbauer, der von dem wenigen Grund nicht leben kann und sich daher als Tagelöhner oder Handwerker einen „Sold“, Geld also, dazuverdienen muss. Unter den Siedlern waren auch ein Wirt (mit demRecht zur Ausübung der Bäckerei, Metzgerei und Krämerei) und ein Hafner, der aus der nahen Degelgrube Ziegelerde entnehmen konnte. Wie in Seedorf wurde auch hier eine gerade Straße auf einem Hügelrücken von Westen nach Osten gezogen und auf der linken Seite die Wohnhäuser mit der Front nach Süden angelegt. Der Name Neudorf für die Siedlung auf der Birkenheide wurde schon bei der Gründung des Dorfes 1725 in die Pfarrmatrikel von Hohengebraching eingetragen und erhielt sich als amtliche Bezeichnung. Daneben wurde bisweilen Haidneudorf bzw. Heiden-Neudorf geschrieben, wohl zum Unterscheid von anderen Dörfern desselben Namens. Manchmal kann man auch noch von der „Heid“ hören, wobei dann in „Obere Heid“ (Seedorf) und „Untere Heid“ (Neudorf) unterschieden wird. Not Im Jahre 1732 klagten die Siedler in einer Bittschrift an die kurfürstliche Hofkammer, in einem trockenen Sommer wachse überhaupt kein Getreide. Wenn ihnen das Stift St. Emmeram nicht immer wieder unter die Arme gegriffen hätte, wären sie schon längst verdorben. Die ersten Siedler 1740 sind als Siedler in Neudorf angeführt: 1. Hans Aumer; 2. Mathias Hendlmayr; 3. Michael Kammermayr; »
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