Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling

3 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 08/2023 Aus dEr gEmEindE 300 Jahre Neudorf! Der Ortsname ist nicht selten, es gibt ihn in deutschsprachigen Gebieten – also vor allem Deutschland, Österreich und der Schweiz – über einhundertmal. Im Landkreis Regensburg taucht er zweimal auf: Neudorf bei Pettendorf (urkundlich nachgewiesen seit 1179) und unser Neudorf, heute ein Ortsteil der Gemeinde Pentling, bestehend seit 300 Jahren. Baiern zu Beginn des 18. Jahrhunderts Wie sah es vor 300 Jahren in unserer Gegend aus?Das KurfürstentumBaiern (damals noch mit ai geschrieben) war in den Anfangsjahren des 18. Jahrhundert wesentlich kleiner als unser heutiger Freistaat.Es bestand lediglich aus Altbayern, d.h. Ober- und Niederbaiern, wobei damals auch noch das Innviertel und die Gegend um Schärding dazugehörten. Unser Gebiet zählte zu Niederbayern und wurde vomRentamt Straubing verwaltet. Dazu kam noch die Oberpfalz, eine „Kriegsbeute“ aus dem Dreißigjährigen Krieg, die der Machtmensch und Gotteskrieger Maximilian von Baiern 1621 samt der Kurfürstenwürde dazugewonnen hatte. Die ehedem protestantischen Gebiete der Oberpfalz wurden im wahrsten Sinne des Wortes „katholisch gemacht“. Franken und Schwaben kamen erst hundert Jahre später zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu Bayern. Vom Leben auf dem Lande Unsere heutige Gemeinde bestand nur aus den Dörfern Matting, Graßlfing, Niedergebraching, Pentling und Poign. Hohengebraching war noch kein Dorf. Es stand dort nur ein Steinkirchlein aus dem Mittelalter. Im Schloss daneben erholten sich die Äbte und Mönche von St. Emmeram. In Niedergebraching lebten 14 Bauernfamilien auf ihren Höfen.Seedorf, Neudorf und Großberg waren noch nicht gegründet. Analphabeten – Leibeigenschaft – Armut Auf dem Land gab es noch keine Schulen, daher schätzt man auch, dass damals weit über 90 % der bäuerlichen Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnten. Es war ganz selten, dass betuchte Eltern ihre Söhne nach Regensburg in Kloster- oder Bürgerschulen schickten (mir ist nur ein einziger Fall aus Pentling bekannt). Erst 1802 wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Es bestand – zumindest noch formell – die Leibeigenschaft, die erst 1808 abgeschafft wurde.Viele Landbewohner litten Not und waren sehr, sehr arm. Der politische Hintergrund In diesem Zusammenhang muss man auch den politischen Hintergrund berücksichtigen: Fast ein halbes Jahrhundert lang bestimmte der „Blaue Kurfürst“, wie Max Emanuel II. (1662 – 1726) wegen seiner Kriegsrüstung mit blauer Schärpe genannt wurde, das Schicksal Baierns. 1700 war der spanische König Karl II. gestorben, ohne einen Erben zu hinterlassen. Damit war diese Linie der Habsburger in Spanien erloschen. Der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. wollte den leeren Thron mit seinem Enkel besetzen. Der bairische Kurfürst hatte sich mit Frankreich verbündet, in der Erwartung, dass er dann die Erbliche Statthalterschaft in den Niederlanden bekäme. Österreich und England befürchteten einen erheblichenMachtzuwachs für Frankreich und Bayern, den es mit Waffengewalt zu verhindern galt. So begann der erste der unseligen Erbfolgekriege im 18. Jahrhundert: der Spanische Erbfolgekrieg. Für den Hochadel, die „Gwappelten“, die trotz der engen Verwandtschaften oft gegeneinander Krieg führten, waren derartige Auseinandersetzungen eher sportlicher Natur, gleichsamWetten, ihnen konnte nicht viel passieren; darunter leiden und dafür aufkommen mussten immer die Kleinen. » Es zählt das gesprochene Wort! Festrede zum Ortsjubiläum 300 Jahre Neudorf Festredner Prof. Dr. Hans Weigert Foto: J. eder anzeige anzeige

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=