Aus der gemeinde 14 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 03/2023 Hiermit melde ich, Natalie Evers, 19 Jahre alte Pentlingerin, mich nun zum ersten Mal offiziell aus meiner aktuellen Heimat: Norwegens Hauptstadt und mit fast 700.000 Einwohnern auch größte Stadt, Oslo. Vor vier Monaten begann mein einjähriger Freiwilligendienst mit „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ in Norwegen. Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) ist ist eine deutsche Organisation der Friedensbewegung, die 1958 von Lothar Kreyssig ins Leben gerufen wurde und noch heute jährlich 140 Freiwillige in 13 verschiedene Länder der Welt schickt. In unserem Heim leben ca. 20 Menschen, die nicht mehr alleine leben können, weil sie aufgrund von Krankheit oder Alter einfach in zu vielen Lebensbereichen Unterstützung brauchen. Alle Bewohnerinnen und Bewohner haben ihre eigene kleine Wohnung mit eigenem kleinen Bad und eigener kleinen Küche. Sie bekommen 4 Mal täglich Essen, sie werden medizinisch versorgt, teilweise geduscht, frisiert und erhalten eine einfache Grundversorgung, die man zum Überleben braucht. Dabei wird wirklich ganz genau auf die Bedürfnisse der einzelnen Leute eingegangen. Ich arbeite dort als “Fredsarbeider” zusammen mit Felix, einem anderen ASF-Freiwilligen aus Mannheim. Wir arbeiten unter der Woche täglich 7 Stunden und dürfen dafür umsonst in der 5. Etage in einem Zimmer mit Bad wohnen und bekommen auch alles an Essen und Trinken von unserer Arbeit gestellt. Für jegliche weitere Ausgabe bekommen wir monatlich ein kleines Taschengeld von ASF ausgezahlt, so dass es sich trotz der enormen Preise in Norwegen wirklich gut leben lässt! Unsere Aufgaben sind es vor allem, einfach für die einzelnen Menschen, die hier leben da zu sein, mit ihnen Zeit zu verbringen, sie kennenzulernen, ihnen zuzuhören und ihnen einfach in ihrem Alltag Begleitung und manchmal auch Beistand zu sein. Mit anderen Worten: um nicht nur für ein Überleben zu sorgen, sondern auch die Lebensqualität zu steigern. Daneben helfen wir aber auch viel in der Küche mit oder bei anderen kleinen Aufgaben, die eben in einer solchen Art von Wohngemeinschaft mal anstehen. Wir haben bis jetzt einiges probiert: Bingo, Bowling, ein einmalig stattfindendes Kennenlernen, Treffen, Basteln, Filme schauen. Dieses Seniorenheim ist so besonders, da für die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner auch ihre religiösen Bedürfnisse respektiert und beachtet werden. Unsere Chefin ist Jüdin, so wie Teile des Personals und auch knapp die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner. So werden alle jüdischen Feiertage wie auch der Shabbat gefeiert. Freitagnachmittag werden dann für Shabbat schöne, festliche Tischdecken und Servietten benutzt und neue Rosen aufgetischt. Direkt neben dem Heim steht eine Synagoge, in der die jüdische Gemeinde Oslos, eine von zweien in ganz Norwegen, beheimatet ist. Wenn man den Shabbat Gottesdienst am Samstag besucht, wird man danach immer noch eingeladen mit der Gemeinde in den Kiddushsaal zu gehen, um etwas Kleines zu essen und zu trinken. Dabei wird man niemals alleingelassen, sondern fühlt sich direkt sehr willkommen und erwünscht, sodass man direkt Teil davon werden möchte. Diese Begegnungen mit den Menschen, die ich hier kennenlernen kann, ob jüdisch oder nicht, sind es, die mich erstaunen. Das Austauschjahr begann für uns 140 diesjährigen ASF Freiwilligen mit einem gemeinsamen zehntägigen Vorbereitungsseminar in der Nähe von Berlin. Auch in Norwegen starteten wir erstmal mit einer Orientierungswoche gemeinsam mit allen 14 in Norwegen tätigen Freiwilligen und unserer Landesbeauftragten. Ich habe so viele neue spannende Erfahrungen gemacht wie z. B.: Verantwortung zu übernehmen, Hilfe zu sein und um Hilfe gebeten zu werden von Leuten, die älter sind als ich. Auch über längere Zeit Ausländerin zu sein und mitzuerleben, wie Menschen sterben, hat mich geprägt. Mitzuerleben wie Menschen sterben. Bei diesen Bewohnern hier gibt es im Großen und Ganzen keinen wirklichen Fortschritt mehr. Da das aber in meinem Alter und allgemein nicht immer so wahrgenommen wird, mussten wir auch das erstmal verstehen, dass das okay ist und wir nicht da sind um gegen diesen «Rückschritt» anzukämpfen, sondern ihn zu akzeptieren und zu begleiten und dabei möglichst viel Positives zu finden und zu gestalten. In Oslo sind wir insgesamt vier deutsche Freiwillige, die mittlerweile zu einer Familie geworden sind. Außerdem spiele ich hier jetzt imUniorchester Geige mit, wo ich mittlerweile schon eine Art erste norwegische Freundin gefunden habe. Wir gehen einmal im Monat zum Eisbaden und besuchen oft die anderen Freiwilligen in einem kleinen norwegischen Dorf am Wald, an dem man sich unglaublich gut entspannen und in der norwegischen Landschaft spazieren gehen kann!! Allgemein bin ich also wohl auf und glücklich über die Entscheidung mein erstes „freies“ Lebensjahr nach der Schule mit ASF in Norwegen angegangen zu sein und freue mich auf die weiteren Monate hier oben! Bei Fragen zu mir, meinem Freiwilligendienst, ASF o.ä. können Sie sich gerne jederzeit bei mir per email melden natalie.evers@web.de. BeRicht: natalie eveRs; Foto: PRivat Ho ho ho aus dem hohen Norden
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