die historische seite 12 Pentlinger Mitteilungsblatt ausgabe 04/2022 Chroniken von Dörfern beginnen meist mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Mittelalter. Die Archäologie mit ihren in den letzten Jahrzehnten enorm verfeinerten Methoden kann aber auf noch frühere Jahrhunderte sicher verweisen. So können wir bei Graßlfing davon ausgehen, dass der Ort mit seiner näheren Umgebung schon spätestens seit der Jungsteinzeit, also seit 7.000 Jahren, (wahrscheinlich) ununterbrochen besiedelt ist. Jungsteinzeit (ca. 5.500 – 1.800 v.Ch.) Die ältesten Siedlungsgebiete in Graßlfing sind laut Bayerischem Denkmalatlas der südliche Bereich des Dorfes. Die Funde verweisen auf die Phase der Linearbandkeramik (ca. 5.000 – 4.600 v.Ch., d.h. Verzierung der keramischen Gefäße mit einem Bandmuster aus Linien) und auf die Stichbandkeramik (ca. 4.500 – 3.800 v.Ch., d.h. die Verzierung der Keramik erfolgte mit Stichen in den Ton). Bodendenkmäler zur Jungsteinzeit finden wir auch außerhalb des Ortes in einem Halbbogen von Westen bis Südosten. Bronzezeit (ca. 1.800 – 800 v.Ch.) Innerhalb des Dorfes lassen sich auch bronzezeitliche Siedlungen (der Hügelgräberzeit) nachweisen. Zwischen Graßlfing und Oberndorf stoßen wir auf Grabhügel der mittleren Bronzezeit (ca. 1.600 – 1.300 v.Ch.), südwestlich vomDorf auf verebnete Grabhügel. Wir finden im Ort aber auch Hinweise auf Siedlungen der sog Urnenfelderzeit (ca. 1.300 – 800 v.Ch.), d.h. die Toten wurden verbrannt und dann in Urnenfriedhöfen beigesetzt. Erste Eisenzeit – Hallstattzeit (ca. 800 – 500 v. Ch.) Ab ca. 800 v.Ch. entwickelte sich in Mitteleuropa die sog. Hallstattkultur, benannt nach einem großen Gräberfeld am Hallstätter See im Salzkammergut. Wichtigste kulturelle Neuerung war das Eisen. Es verdrängte die Bronze als Werkstoff immer mehr. Die fortgeschrittene Technologie der frühen Eisenzeit zeigte sich in einer hochentwickelten Metallverarbeitung und spezialisierten Keramikproduktion. Siedlungen aus der Hallstattzeit sind im südlichen Dorfbereich nachweisbar, ebenso südwestlich vom Dorf und in Richtung Hochstetten. Bei Unterirading ist ein eisenzeitlicher Depotfund entdeckt worden. Zweite Eisenzeit – Keltenzeit – Latènezeit (ca. 500 – 15 v.Ch.) Nach dem Schweizer Fundort La Tène (am Neuenburger See) wird diese Phase der keltischen Besiedelung benannt. Viele neue und eigentümliche Formen der Kunst und des Handwerks sowie die gesteigerte Anwendung des Eisens kennzeichnen diese Periode. In Graßlfing finden sich Spuren der keltischen Besiedelung im südlichen und südwestlichen Bereich sowie in Richtung Hochstetten. Römische Zeit (15 v.Ch. – 488 n.Ch.) Drei römische Landgüter („villa rustica“), wahrscheinlich aus dem 3. oder 4. nachchristlichen Jahrhundert, sind im Boden von Graßlfing und südlich davon verborgen. Die „villa rustica“ war Mittelpunkt eines landwirtschaftlichen Betriebs; der ummauerte Hof umfasste Hauptgebäude sowie Wirtschafts- und Nebengebäude, z.B. ein Badhaus. Südlich vom Dorf, westlich der B 16 hat man eine Siedlung aus der römischen Kaiserzeit entdeckt, wahrscheinlich ein Offizierslager. Frühes Mittelalter Ab der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts n.Ch. oder auch später besiedelten germanische (langobardische, ostgotische, alemannische …) und keltoromanische Sippen das spätere Baiern. Den Ort besetzte ein Anführer namens Grasulf mit seinen Leuten. Graßlfing bedeutet „bei den Leuten des Grasulf“ bzw. „zum Grasulf“. „Grasulf“ heißt „strenger Wolf“ [ahd. grazzo = streng, ernsthaft; ulf = Wolf]. Zwischen Ober- und Unterirading erstreckt sich aus dieser Zeit ein frühmittelalterliches Reihengräberfeld. Erste urkundliche Erwähnungen im Hochmittelalter Vor ca. 900 Jahren tauchen die ersten urkundlichen Erwähnungen auf. 1120/40: Grasolvingen; 1147: Grasolving; 1138: Grasolvingin; 13. Jh.: Grasolvinge, Grasolvingen. Es wird ein Geschlecht der Grasolvinger mit eigenemWappen (drei waagrechte Balken Rot – Blau – Weiß) erwähnt. 1171 erscheint ein 900 Jahre Graßlfing – 800 Jahre Kirche St. Nikolaus Blick auf den Ortskern Anzeigenhotline: 0941 / 44806813 info@das-amtliche.info Pentlinger mitteilungsblatt
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