Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling
die historische seite 16 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 08/2021 Arbeiterkultur Schon um 1906 hatte die Sozialdemokratie mit einen eigenen Ortsverein (genannt „Sektion“) in Großberg Fuß fassen kön- nen. Es war der erste SPD-Ortsverein im Gebiet des heutigen Landkreises. 1907 umfasst der Ortsverein 18 Mitglieder (bei damals 181 Einwohnern). 1909 bilden sich gleich zwei Arbei- ter-Radfahrvereine in Großberg: Der sozialistisch orientierte Arbeiter- Rad- und Kraftfahrerbund „Solidarität“ (1949 wie- dergegründet) und der Arbeiter-Radfahrverein „Felsenfest“. Von beiden Veloclubs sind Standarten erhalten: aus dem Jahr 1912 die von „Felsenfest“, aus dem Jahr 1929 die von „Solida- rität“. KZ Dachau Als Adolf Hitler in Berlin an die Macht kam und im Reichstag das Ermächtigungsgesetz durchboxte, glaubte die Leitung der Gendarmeriestation Ziegetsdorf, die Zeit sei endlich gekom- men, um alte Rechnungen mit einigen Großbergern zu beglei- chen. Zwischen 17. und 31. März 1933 wurden vier Großberger wegen angeblicher kommunistischer Umtriebe in „Schutzhaft“ genommen, im Klartext: sie kamen ins Konzentrationslager Dachau. Sie seien, so hieß es in den Beschuldigungen des Lei- ters der Gendarmeriestation, werbende Mitglieder der KPD bzw. Funktionäre und würden des Nachts konspirative Treffen durchführen. Erschwerend kamen noch Beschuldigungen in Sachen Diebstahl und Wildern hinzu. Bürgermeister Fischer, Verwandte und Nachbarn der Beschuldigten, in einem Fall auch Pfarrer Schönhärl von Hohengebraching, setzten sich in Eingaben für die Inhaftierten ein: Es sei ihnen nichts von einer kommunistischen Vergangenheit oder Mitgliedschaft in der KPD bekannt. Die nächtlichen Treffen seien lediglich „Hoa- garten“ (gemütliches Beisammensein) gewesen. Zwischen 27. April und 9. Juni 1933 wurden daher alle vier wieder aus der Schutzhaft entlassen. Zu welchen dramatischen Verwicklungen zur damaligen Zeit ein Wirtshausbesäufnis mit Streiterei und unbedachten poli- tischen Äußerungen führen konnte, zeigt der Fall eines 59-jäh- rigen Großberger Tagelöhners. Er war eines Tages Ende Mai 1933 um elf Uhr vormittags in der Gaststätte Reisinger in Graßlfing eingekehrt und dort „picken geblieben“. Der Wirt hatte schon einen Volksempfänger und daher konnten oder sollten sich die Gäste am frühen Abend die Reichstagsrede des Führers anhören. Unser Großberger hatte nach Aussagen des Wirts da aber schon sieben bis acht Maß Bier intus und lallte im Suff immer dazwischen, während die anderen Gäste dem Reichskanzler lauschen wollten. Schließlich soll er gesagt haben: „Viel Worte und kein Brot. Der Radio gehört zusam- mengeschlagen. Ich bin ein Kommunist. Ihr werdet noch sehen, was alles nachkommt.“ Kurzum: Ein Oberndorfer, der sich auch in der Wirtschaft aufhielt, zeigte ihn an, und der Großberger kam am 2. Juni ins KZ Dachau. In den folgenden Zeugenvernehmungen konnten sich der Wirt und die anderen Gäste aber partout an nichts Belastendes erinnern. Man hätte auch infolge des Fetzenrausches nur noch Gelalle vernommen, jedoch keine verständlichen Sätze. Außerdem sei der Obern- dorfer erst nach der Führerrede in die Wirtschaft gekommen. Der Großberger Tagelöhner selbst konnte sich in der KZ-Haft an gar nichts mehr erinnern; er erklärte, dass er bis Frühjahr 1914 Mitglied der SPD gewesen sei und sich seitdem nicht mehr politisch betätigt habe. Er wurde am 14. August 1933 aus der Haft entlassen. Bericht: hanS weigert, ortSheiMatPFLeger, FotoS: redaktion Quelle: Staatsarchiv Amberg, Bezirksamt Regensburg. Mit Rücksicht auf mögliche Nachkommen wurden die Namen der Betroffenen hier nicht genannt. Woast as no? 1991 – vor 30 Jahren Die Kontakte zwischen Pentling und der Gemeinde n Corciano in Umrien sollen weiter ausgebaut werden. Damit aber die Bürger beider Gemeinden die Möglich- keit haben, Kontakte zu schließen und die jeweilige Ge- gend kennenzulernen, ist es unbedingt erforderlich, Familien zu finden, die bereit sind, Gäste aufzunehmen. 2001 – vor 20 Jahren Wieder in Betrieb nahm die Wasserwachtortsgruppe n Pentling ihre Wachstation in Unterirading nahe der Slipanlage bei der Gaststätte „Zur Walba“. Nachdem vor zwei Jahren das Holzgebäude abbrannte (Brandstif- tung), übernimmt nun ein umgebauter Bauwagen die Funktion. 2011 – vor 10 Jahren Die Jungen Freien Wähler (JFW) wollen der Spielhal- n lenflut Grenzen setzen und wollen dafür alle Städte und Gemeinden ins Boot holen. Doch ohne Gesetzesände- rung bleibt die Initiative Stückwerk. Überall in Deutsch- land hat die Zahl der Spielhallen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. In Berlin hat der Senat im Mai dieses Jahres mit großer Mehrheit das erste Spielhallengesetz in Deutschland verabschiedet. Bericht: Janine nadLer, auSzuBiLdende redaktion Standarte des Arbeiter- Rad- und Kraftfahrerbundes „Soli- darität“
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