Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling

15 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 08/2021 die historische seite Vorgeschichte 1803 vergab der bayerische Staat „zur Auslichtung der Straße“ am Ziegetsberg und im Forst „Argle“ Grund an so genannte Kolonisten bzw. „Cultuslustige“. Auf Veranlassung des kur- fürstlichen Generallandesdirektionsrates Joseph Hazzi (einige Monate wurde der Ort daher auch „Hazziberg“ genannt) konnten Neusiedler Grund erwerben. Derartige Kolonisten waren meist Häusler, Handwerker und Tagelöhner und stammten aus Orten der näheren Umgebung; mit den Worten Hazzis: „meistens kernhafte und rüstige Sprößlinge“. Die In- teressenten mussten einen guten Leumund und das entspre- chende Geld zum Grunderwerb haben. Auch war eine Heiratslizenz des Landgerichts Kelheim vorzulegen. Zeitgleich mit Großberg (seit 1806 heißt der Ort so) wurden in der nä- heren Umgebung Ziegetsdorf und Ihrlerstein (ursprünglich „Neu-Kelheim“) gegründet. Ein Arbeiterdorf In den Anfangsjahrzehnten war Großberg überwiegend ein Ar- beiterdorf. Die Männer gingen zu Fuß in die Ziegeleien in Ab- bach und Dechbetten, manche sogar bis zum Kalkwerk bei Keilberg. Auch im Steinbruch von Oberndorf konnte man Be- schäftigung finden. Einige Großberger Arbeiter mussten um vier Uhr früh aufbrechen und kehrten erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück – auch am Samstag! Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war für die Groß- berger nicht leicht. Hatten sie schon vor dem Ersten Weltkrieg nicht in Überfluss gelebt, so nahm die wirtschaftliche Not in der Weimarer Zeit sogar noch zu. Galoppierende Inflation und wachsende Arbeitslosigkeit erzeugten Not und Elend unter der bayerischen Arbeiterschaft. Sozialpolitische Notmaßnahmen der Kommunen und des Staates konnten nur wenig Abhilfe schaffen. Der Ruf der Groß- berger Siedler, genannt die „Bergler“, war in den benachbar- ten Dörfern nicht der beste. Sie galten als „verstohlene Bergler“ und Wilderer, als Sozis und Kommunisten. Angeblich „requirierten“ sie, was sie nur irgendwie brauchen konnten: Laub zum Einstreuen für die Kuh, dürre Äste, Brennholz, frisch geschlagene Bäumchen, Getreidebüschl, Kartoffel, Kraut und Rüben und ähnliches. Das Wildern geschah häufig aus Not, um hie und da Fleisch auf den Tisch zu bekommen und in den zahlreichen Notzeiten zu überleben; 1932 hätte ein Arbeiter allein für ein Pfund Schweinefleisch fünf Wochen arbeiten müssen. Die Gendar- meriestation Ziegetsdorf hatte jedenfalls ihre liebe Not mit den „Berglern“. Auch heute kann man noch hören: „Wer a echter Bergler sa wuill, der mou mit a Spitzkirm voll gstohlner Erdepfl über an Zou springa kinna.“ – Wer ein echter Bergler [Großberger] sein will, der muss mit einer Spitzkirm [eine aus Weiden ge- flochtene kegelförmige Trage] voll gestohlener Erdäpfel über einen Zaun springen können. » Großberg 1933 – Bekanntschaft mit Dachau Arbeiter-Radfahrverein „Felsenfest“ (ca. 1919)

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=