Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling

diE historischE sEitE 20 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 01/2021 rasch die Donau. Nach den Berichten der Geschichtsschreiber starben zeitweise allein in Rom an die 2000 Menschen pro Tag, ganze Ortschaften wurden völlig entvölkert (wobei man aber auch beachten muss, dass die Geschichtsschreiber der Antike gerne zu Übertreibungen neigten). In Bad Endorf wurde ein römischer Grabstein aus dem Jahre 182 gefunden, der für eine ganze an der Seuche gestorbene Familie errichtet worden war. 541 – 770 Pest Justinianische Pest Einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte markiert das sechste Jahrhundert n.Ch.: Es begann schon 536 mit einer Phase kühler Temperaturen auf der nördlichen Erdhalbkugel, schwacher Sonneneinstrahlung, ein Mehr an Niederschlägen, Missernten, Hungersnöten. Man spricht von der „kleinen Eis- zeit der Spätantike“, einer Klimaanomalie, die bis 550 währte. Ursache waren wahrscheinlich Vulkanausbrüche in Island, Papua-Neuguinea und Mittelamerika (Ilopango). Zudem traf die Beulenpest 541 n.Ch. auf die ohnehin geschwächte Bevöl- kerung. Sie wird nach dem damals regierenden oströmischen Kaiser Justinian I. (482 – 565) auch „Justinianische Pest“ be- nannt. Für nahezu 200 Jahre suchte sie in ungefähr 15 Wellen den Mittelmeerraum und Europa heim. Die Seuche hatte ihren Ursprung wahrscheinlich in Äthiopien oder Arabien ge- nommen. Über Nordafrika gelangte sie durch den Schiffsver- kehr ins Mittelmeergebiet. Nach den Berichten von Zeitzeugen wurden dabei annähernd 40 % der Bevölkerung des Mittel- meerraumes ausgelöscht. Auch Kaiser Justinian I. erkrankte, überlebte aber. Auch im damals entstehenden Stammes- gebilde der Baiern holte sich der „Schwarze Tod“ seine Opfer; das zeigen Funde und paläogenetische Untersuchungen aus sechs bajuwarischen Gräbern. Pestepidemien imMittelalter und in der Neuzeit Der „Schwarze Tod“, die Beulenpest, war der Schrecken des Mittelalters. Von der Krimhalbinsel breitete sich die Seuche über die Handelswege in ganz Europa aus. Die Menschen be- kamen Fieber, schmerzhafte Beulen am ganzen Körper und bald darauf starben sie. Je nach Region wurden zwischen 30 % und 60 % der Bevölkerung Europas durch den Pesterreger in mehreren Wellen dahingerafft. In Panik flüchteten viele aus den betroffenen Städten, wo- durch sich aber die Seuche umso schneller verbreitete. Re- gensburg allein ist nach Angabe der Chronisten 54mal von der Pestilenz heimgesucht worden (wobei oft auch andere Seu- chen mit dem lateinischen „pestis“ oder „pestilentia“ bezeich- net worden sind). Die Stadt war damals noch kein „mittelalterliches Wunder“ (S. Färber), sondern eine stin- kende Kloake. Der ganze Unrat wurde einfach auf die unge- pflasterten Straßen gekippt, so dass die Ratten beste Voraussetzungen vorfanden. Die Schuld gab man – wie so oft – den Juden: Sie hätten die Brunnen vergiftet, hieß es. Die schwersten Epidemien in unserer Gegend waren 1211, 1348, 1462, 1599 und während des Dreißigjährigen Krieges 1634. Über 4000 Stadtbewohner fielen ihr damals zum Opfer; von den Dörfern sind keine Zahlen bekannt. 1648 lebten im Dorfe Pentling noch ganze zwölf Personen. Graßlfing war 1650 „öd und leer“. (Aus dieser Zeit stammt auch das Gelübte für die Oberammergauer Passionsspiele.) 1713/14 Pest Anfang des 18. Jahrhunderts hatte wieder eine Pestwelle Eu- ropa überzogen. 1713/14 wütete die Epidemie in Österreich und Kurbaiern; allein in Regensburg forderte sie nahezu 8000 Opfer. Eine Schilderung dieser Zeit erinnert an den derzeiti- gen Corona-Lockdown: „Das Schreckgespenst der Pest ver- breitete lähmende Angst. Das ganze öffentliche Leben lag darnieder, die Beziehungen der Menschen untereinander hör- ten nahezu auf, selbst Angehörige einer Familie mieden einan- der.“ (K. Bauer) Der Schulbetrieb wurde eingestellt, die Anzahl der Gottesdienste auf ein Minimum reduziert. Reichstadt und Kurbaiern schotteten sich gegenseitig ab. Den Bauern aus den umliegenden Dörfern war es „bei Leib- und Lebensstrafe“ ver- boten, ihre Waren nach Regensburg zu bringen. Nur 80 Le- bensmittelkäufer der Stadt (auf Drängen Baierns dann nur noch 20) durften mit ärztlichem Attest auf demWochenmarkt im damals kurbairischen Kumpfmühl einkaufen, mussten aber dann in Quarantäne bleiben. St. Sebastian, Schutzheiliger gegen Pest und Seuchen In der Graßlfinger Kirche befindet sich eine Figur des hl. Se- bastian, die aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammt. Sie dürfte auf Grund der Pest von 1713/14 in Auftrag gegeben worden sein. Der Legende nach war Sebastian („der Ehrwürdige“) römischer Offizier unter Kaiser Diokletian. Wegen seines Bekenntnisses zum Christentum sollte er an einen Baum gebunden mit Pfeilen hingerichtet werden. Se- bastian überlebte diese Tortur und wurde gesundgepflegt. Diokletian befahl daraufhin, dass er im Circus totgeprügelt St. Sebastian in der Gaßlfinger Kirche

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