Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling
19 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 01/2021 diE historischE sEitE Von der Steinzeitpest bis Corona – eine kurze Geschichte der Seuchen und Epidemien in unserer Gegend Seit der Jungsteinzeit (vor ca. 7500 – 3800 Jahren) werden die sesshaften Menschen weltweit von Seuchen und Epi- demien geplagt. Im Gegensatz zu den nomadisierenden Jä- gern und Sammlern lebten die jungsteinzeitlichen Bauern auf engem Raum, nicht selten mit ihren Haustieren unter einem Dach. Hygienemaßnahmen spielten keine große Rolle. Die Le- bensmittelvorräte lockten Nagetiere mit deren Parasiten (Flöhe, Läuse) an. Bakterien und Viren hatten leichtes Spiel. Die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen (Zoonose) wurde häufiger, aber wegen der wohnlichen Enge und der hygienischen Mängel kam es auch zu Krankheitsüber- tragungen von Menschen auf Menschen. Wir werden eigent- lich laufend von Epidemien (z.B. Virusgrippe, Cholera, HIV) bedroht und heimgesucht, Mit Ausnahme von Corona haben wir aber vieles vergessen und verdrängt. Steinzeitpest (vor 5000 Jahren) Die junge Forschungsdisziplin Archäogenetik/Paläogenetik [Untersuchung prähistorischer Überreste von Menschen, Tie- ren und Pflanzen] weist nach, dass vor über 5000 Jahren im Süden des heutigen Russlands (Schwarzmeersteppe) erstmals der Pesterreger (Yersinia pestis, „Steinzeitpest“) auftauchte, der dann seinen Weg nach Mitteleuropa fand. Vermutlich über Tröpfcheninfektion übertrug sich die Steinzeitpest von Menschen zu Menschen – eine Lungenerkrankung, noch ge- fährlicher als die spätere von Flohbissen verbreitete Beulen- pest. In Mitteleuropa muss sich damals ein Massensterben ereignet haben. Jedenfalls gibt es heute wenig bis keine Spu- ren von Menschensiedlungen und Körperbeerdigungen aus der Zeitspanne um 5500 bis 4800 vor unserer Zeit. 165 – 190 n.Ch.: Antoninische Pest Diese Pandemie wütete 25 Jahre lang im gesamten Römischen Reich, zu dem damals auch unser Gebiet zählte. Nach Schät- zungen kamen in diesem Zeitraum gut sieben Millionen Men- schen (5 % der Bevölkerung) durch die Pandemie ums Leben. Benannt ist sie nach dem Sippennamen „Antonier“ des römi- schen Kaisers Marc Aurel (121 – 180 n.Ch.). Der „Philoso- phenkaiser“ und Gründer des Legionslagers „Castra Regina“ (Regensburg, 179 n.Ch.) war wahrscheinlich selbst das promi- nenteste Opfer dieser Seuche. Er starb am 17. März 180 in Vin- dobona (Wien). Aufgrund der Beschreibungen geht man heute davon aus, dass es sich nicht um die Pest, sondern um eine be- sonders aggressive Pockenepidemie gehandelt haben könnte. Die Seuche wurde von römischen Soldaten aus demGebiet des heutigen Irak eingeschleppt und erreichte über Italien » anzeige
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