Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling
die historische seite 30 Pentlinger Mitteilungsblatt Ausgabe 12/2020 Eigentlich könnte man meinen, die Advents- und Weihnachts- bräuche müssten recht alt sein. Das stimmt nur zum Teil. Was aus grauer Vorzeit stammt, sind die germanisch-heidnischen Rituale, die um die Wintersonnenwende stattfanden (Schreck- gestalten, Rauhnächte …). Die heute üblichen und beliebten Advents- und Weihnachtsbräuche sind mitunter relativ neu. Advent. Der Name rührt her vom lat. „adventus“ (= Ankunft [des Herrn]); diese Zeit der Erwartung beginnt in der West- kirche (katholisch, evangelisch, anglikanisch) mit dem ersten Sonntag nach dem 26. November und endet am 24. Dezember nach dem Sonnenuntergang; sie umfasst vier Sonntage (die orthodoxen Kirchen und das Erzbistum Mailand haben eine sechswöchige Adventszeit). Angesichts des heutigen Feierns und Konsumverhaltens kann man sich gar nicht mehr vorstel- len, dass der Advent für Katholiken bis 1917 eine „geschlos- sene Zeit“ war, in der bis einschließlich Heiliger Abend gefastet werden musste und Tanzveranstaltungen sowie feier- liche Hochzeiten verboten waren. ADVENTSKRANZ 1839 ist das Geburtsjahr des Adventskranzes. Im „Rauhen Haus“ zu Hamburg, damals eine Einrichtung für gefährdete Kinder und Jugendliche, brachte der evangelische Pastor und Sozialreformer Johann Hinrich Wichern auf einem Wagenrad vier große weiße Kerzen an (für die Adventssonn- tage) und dazwischen kleine rote (für die Werktage). Dieses Beispiel fand in evangelischen Kirchen und Familien großen Anklang, wobei man sich bald für eine kleinere, handliche Formmit nur vier Kerzen entschied. (In katholischen Familien gab es manchmal das „Paradeisl“, ein Gestell aus sechs mit grünen Zweigen verzierten Holzstäben, die in Äpfel zu einer Dreieckspyramide gesteckt und mit vier Kerzen gekrönt waren.) Im 20. Jahrhundert kehrte der beliebte Brauch des Adventskranzes allmählich auch in katholischen Kirchen und Familien ein. ADVENTSKALENDER Um die Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt im evangelischen Deutschland auch die Zeit der Advents- kalender. Zunächst hängten Eltern für ihre Kinder im Advent täglich ein Bild mit einem weihnachtlichen Motiv auf. Diese Adventskalender waren Zählhilfe und Zeitmesser gleicherma- ßen. Inzwischen hat sich die Form mit den letzten 24 Tagen vor Weihnachten durchgesetzt. 1902 gab es in Hamburg den ersten gedruckten Adventskalender in Form einer Weih- nachtsuhr. Der Münchner Verleger Gerhard Lang (1881 – 1974) entwickelte in der Folgezeit weitere Varianten, ab 1920 erschien der erste Adventskalender mit Türchen zum Öffnen. Frauentragen. Vom 1. Adventssonntag bis zum 24. Dezember gibt es in katholischen Pfarreien den Brauch, eine Statue mit der schwangeren Maria nach dem Vorbild der „Bogenberger Madonna“ für eine Nacht zu beherbergen. Erinnert wird damit an die Herbergssuche von Maria und Josef, die in der Weih- nachtsgeschichte des Lukasevangeliums angedeutet ist. Der Brauch lässt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Barbarazweige. Am 4. Dezember werden Zweige (Kirsche, Forsythie, Schlehe …) an einem nicht zu warmen Ort ins lau- warme Wasser gestellt in der Hoffnung, dass sie am Heiligen Abend blühen. Volkskundlich betrachtet handelt es sich bei diesem Brauch um ein Ritual mit der „Lebensrute“: ImWinter berührten unsere Vorfahren mit den grünen oder blühenden Zweigen die Kinder oder Jugendlichen sanft, um sie zu beru- higen und die Lebenskraft der Pflanze zu übertragen. Auch die Nikolausrute war ursprünglich ein „Segenszweig“ (und kein Strafinstrument). NIKOLAUS Das Fest am 6. Dezember erinnert an den Bischof aus Myra (heute Demre, Provinz Antalya, Türkei). Er lebte im 3./4. Jahrhundert. Vor der Reformation fand nur am Niko- laustag bzw. am Abend vorher die eigentliche Bescherung der Kinder statt (nicht an Weihnachten). Der „Einlegebrauch“, d.h. das Füllen der Schuhe, hat seinen Ursprung in der Le- gende von den drei Jungfrauen, die nachts vom Bischof Niko- laus beschenkt wurden (siehe auch „Christkind“). CHRISTKINDLMARKT, WEIHNACHTSMARKT Die traditionellen Weih- nachtsmärkte reichen bis ins Mittelalter zurück (1296 Wien, 1310 München). Zu Beginn der kalten Jahreszeit sollten die Bürger noch einmal Gelegenheit haben, sich mit dem Nötigs- ten für den Winter einzudecken Ab dem 14. Jahrhundert wur- Alte und neueAdvents- undWeihnachtsbräuche in Ostbayern anzeige
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