Mitteilungsblatt der Gemeinde Pentling
die historische seite 10 Pentlinger Mitteilungsblatt ausgabe 07/2020 Am Wanderweg S 9 (Hohengebraching – Peising, rote Pfeil- spitze auf weißem Viereck, die Pfeilspitze zeigt Richtung Ho- hengebraching) stoßen wir ungefähr auf halber Strecke zwischen Seedorf und Peising im Wald „Esterholz“ direkt an der Regierungsbezirksgrenze zwischen Niederbayern und Oberpfalz auf ein rechteckiges Areal mit umlaufenden Wall und Graben, einer sogenannten Viereckschanze. Auch von Poign aus kann die Schanze über den Keltenweg erreicht wer- den; allerdings ist da der Waldweg nicht markiert. Karten des 19. Jahrhunderts bezeichneten das Bodendenkmal noch als „Römerschanze“, heute wissen wir aber, dass die Kelten diese rätselhaften Bauwerke geschaffen haben. In Bayern hat man bisher 170 Exemplare gezählt. Die Zeit der Kelten Die Anwesenheit der Kelten (Gallier) in Süddeutschland wird eingeteilt in die „Hallstattzeit“ (benannt nach dem oberöster- reichischen Fundort) und in die „La-Tène-Zeit“ (benannt nach dem Fundort amNeuenburger See/Schweiz). Die Hallstattzeit erstreckte sich von ca. 700 bis 500 v.Ch., die La-Tène-Zeit von ca. 500 bis 15 v.Ch. Die Griechen sprachen von Kelten, die Römer von Galliern. „Kelten“ bzw. „Gallier“ bedeutet „die Mächtigen, Erhabenen, Starken“. Im 3. Jahrhundert v.Ch. sie- delten die Kelten von Irland bis nach Kleinasien. Es war aber kein einheitliches Reich, sondern viele Fürstentümer, ein „Volk von Völkern“. Südlich der Donau war es der Stamm der Vindeliker; die Ru- cinaten, eine Untergruppe davon, lebten in unserem Raum zwischen Donau und Isar. Ihre Familienverbände (Clans) sie- delten in Weilern oder kleinen Dörfern, manchmal in Höhen- burgen (Alkimoennis =Michelsberg bei Kelheim?; Kalamantia = Kallmünz) oder in Städten (oppida). Die „Hauptstadt“ der Vindeliker mit ca. 10.000 bis 15.000 Einwohnern dürfte bei Manching gewesen sein. Schon in der Hallstattzeit unterhielten die keltischen Stämme rege Handelsbeziehungen zu den Griechen und Etruskern. Sie handelten mit Eisen, Salz, Pelzen, Zinn und Bernstein. Umge- kehrt schätzten sie die mediterrane Kultur und importierten Keramik, Olivenöl, Wein und Luxusgüter. Dazu schufen sie im heutigen Süddeutschland und Frankreich noch vor den Rö- mern entsprechende Straßennetze. Zu den germanischen Stämmen im Norden pflegten sie kaum Kontakt. Die Kelten prägten bereits Gold- und Silbermünzen, die wegen ihrer schüsselartigen Form als „Regenbogenschüsselchen“ bezeich- net werden. Vor 2.600 Jahren entwickelten sie in den Alpen den ersten Salzbergbau. Auch in der Landwirtschaft waren sie für ihre Zeit sehr fortschrittlich: sie vermischten den Dung ihrer Tiere mit Mergel oder Kalk, um den Ertrag zu steigern. Keltenzeit ist Eisenzeit. Sie waren Meister der Eisenbearbei- tung (kelt. „isamo“ = Eisen); das Metall gewannen sie in Renn- öfen. Sie schmiedeten Schwerter und entwickelten Eisenpflug und Sense. So besitzen wir auch aus der Hallstattzeit einen ei- senzeitlichen Depotfund bei Unterirading. Die Kelten zeigten ihr Können als geschickte Handwerker unter anderem als Töpfer und Weber sowie in der Glasproduktion und Lederver- arbeitung. Keltisches Erbe? Da die Kelten keine Schriftkultur hatten, sind die Zeugnisse relativ spärlich. Sie sind unsere Vorfahren und doch wissen wir nur recht wenig über sie. Die Berichte der griechischen und römischen Schriftsteller sind wegen der zahlreichen Ein- fälle keltischer Krieger in Griechenland und Italien überdies wenig schmeichelhaft („Barbaren“). In heutigen populären Veröffentlichungen über die Kelten finden wir viel Phantasier- tes und Esoterisches, wofür es keine wissenschaftlichen Belege gibt. Viel verlässlicher sind da die archäologischen Befunde: „Der Boden lügt nicht!“ Viele Fluss-, Orts- und Personennamen sind indoeuropäi- schen bzw. keltischen Ursprungs: Die Donau hieß ursprüng- lich „danu“ (= Fluss), bei den Kelten „dona-aw“ (= tiefes Wasser). Auch bei Naab („naba“ = feucht), Laber („lobur“ = schwach) und Altmühl („alcmona“ = sehr ruhig?) stoßen wir auf keltische Sprachrelikte. Ebenso in der näheren Umgebung bei den Ortsnamen „Radasbona“ (Regensburg; = Siedlung mit Wall), Kalamantia (Kallmünz; = unbebautes Berggelände) und Kareth (= steinerner Weg). An keltischen Personennamen seien beispielsweise erwähnt: Arthur (= Bär), Birgit, Brigitte (= die Erhabene, die Göttliche), Kilian (= der Kämpfer) oder Tristan (= Waffenlärm). Die spätkeltische Viereckschanze bei Poign anzeige die aktuelle Online-Ausgabe als PdF und ePaper finden Sie unter: www.pentlinger-mitteilungsblatt.de
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